Nonverbale Kommunikation und Dankbarkeit

Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert.

Das beliebte Sprichwort der Nachkriegszeit gehörte wiederkehrend zu den Nähkästchen-Weisheiten meiner Großmutter. Für die Frauen des zwanzigsten Jahrhunderts überlebenswichtiges Motto, nachdem ein Kontinent in Schutt und Asche lag und es an der überwiegend weiblichen Bevölkerung war, Wiederaufbau zu leisen. 
Es war gang und gäbe, Geld für Essen und Kleider vom Mund abzusparen. Der Pfennig wurde mehrmals umgedreht, bevor man ihn ausgab.
In der heutigen Zeit trotz Inflation kaum vorstellbar. Damals fehlten staatliche Auffanghilfen. Man war angewiesen auf gegenseitige Hilfe und Sparen. Die rasante Entwicklung der letzten Jahrzehnte führte dazu, dass es in der Gesellschaft des neuen Millenniums mehr um Schein und Sein geht, denn um echten Zusammenhalt. Doch ist das kein Phänomen der Upper Class. Bedürftigkeit passt nicht in die neue Zeit. Dabei wäre es so wichtig, Transparenz zu zeigen. Hilfsbereitschaft sollte normal sein. Hilfszwang bewirkt Blockade. Denn oft fehlt es an dem ersten Grundsatz, den ich meinen Kindern beibrachte: 

Bitte sagen!

Das Prinzip von Geben und Nehmen ist eines der wichtigsten geistigen Gesetze. Es in Balance zu halten, erfordert Übung zur Selbstreflexion.
Denn es gibt da den Teil in uns, der nur zu gerne dazwischenfunkt, wenn wir auf unserem geistigen Entwicklungsweg straucheln, unser Ego. Und das bei Helfern und Bedürftigen gleichermaßen.

„Was?“, wird mancher da empört stutzen. „Ich bin doch kein Egoist. Ich helfe immer allen und jedem. Und ich verlange nicht mal was dafür!“
„Wirklich?“, frage ich da nach.
„Nun ja. Dankbarkeit erwarte ich schon. Und ich bin schon oft so bitter enttäuscht worden.“

Womit wir beim zweiten Grundsatz wären: 

Danke sagen. 

Aber dies, der geistigen Natur entsprechend, nur im Nachgang der Bitte. Das sei selbstverständlich? Keineswegs.

Ich liebe die folgende Geschichte:
 

Eine alte Dame steht in einer Menge wartend an einer Fußgängerampel und beobachtet ängstlich die vorbeiflitzenden Autos. Die Ampel schaltet auf Grün, die Autos bleiben stehen und die Wartenden überqueren die Straße. Nur die alte Frau steht da und sieht ängstlich die Autokolonne hinunter. 
Da eilt ein freundlicher Helfer des Wegs, ergreift den Arm des Mütterchens und führt sie trotz leiser Gegenwehr über die Straße. Die Ampel springt wieder auf Rot. Die Autos fahren an.
Mit sich selbst zufrieden sagt der Helfer: „Da sind wir ja gerade noch einmal rübergekommen.“
Doch statt des ersehnten Dankes starrt ihn die alte Frau vorwurfsvoll an. Sie zeigt zur anderen Straßenseite. 
„Sehen Sie das? Neben der Ampel ist eine Haltestelle. Ich wartete auf meinen Bus, der ohnehin Verspätung hat und den ich erreichen muss, um meinen Arzttermin einzuhalten, auf den ich seit Wochen warte.“ 
Sie deutet auf die Ampel. „Bei dem heutigen Verkehr dauert es zehn Minuten, bis die Ampel das nächst Mal auf Grün springt. Dank Ihnen werde nun ich meinen Bus verpassen.

Wir kommunizieren nur zu etwa zwanzig Prozent verbal. Den Rest transportieren wir über Mimik, Gestik oder Verhalten. Diese korrekt zu deuten ist eine Kunst für sich und erfordert viel Übung und Praxis. Wertvolle Werkzeuge liefert uns hier das Neurolingustische Programming, kurz NLP. Doch mehr dazu in einem anderen Artikel.
Erbittet ein Mensch Hilfe, so erklärt man sich selbstredend dazu bereit, sofern es einem möglich ist. Die Krux dabei: Wenn einem immer alles abgenommen, sprich immer geholfen wird, nimmt man ihm da nicht die Möglichkeit, seine Probleme selbst zu lösen und wertvolle Erfahrungen zu machen? Wenn ein Mensch dauerhaft auf dem Samaritertrip wandelt, erlebt er nicht selten eine Art Helfer-Rausch, das süchtig machende Gefühl des Superhero-Labels? Wehe dem schäbigen Gnom, der sich dann undankbar vom Acker macht.
Erwartungen hegen heißt, darauf zu warten, etwas zu bekommen, was im Grunde nicht kommuniziert wurde. Eine Art spirituelles Geschäft ohne Vertrag, bei dem einer oft die Zeche prellt.
Wenn wir von Herzen geben, gereicht uns das nie zum Nachteil. Wir beschenken uns gegenseitig.

Helfen ist keine Dienstleistung. Helfen ist ein geistiges Geschenk.
Enttäuschung zu erleben bedeutet nichts anderes als das Ende einer Täuschung. Ob ich getäuscht werde oder meinen Erwartungen zum Opfer falle, ist irrelevant.
All das führt uns zu der einzig wahrhaften, göttlichen Haltung: 

Dankbarkeit.

Man kann sie nicht breit und groß genug auf alle Häuserwände, Werbetafeln und Litfaßsäulen kleistern. Denn schnell wird die gute Tat Schnee von gestern, wenn der Dämon des Egos die Zähne fletscht, weil der Dank nicht unmittelbar im Nachhall erfolgte. Wenn Ärger in uns brodelt, und wir den undankbaren Heini den Besuch einer Invasion von Pthirus pubis an den Hals, sprich sonstwohin, wünschen.
Dann wird der Gutmensch zum Schnöden.

Wie wunderbar, wenn wir hinterherriefen: „Danke, dass ich dir helfen durfte.“
Sicher käme in den meisten Fällen ein „Danke für deine Hilfe“ retour.
Oder bei professionellen Dankenden sogar ein: „Danke, dass es dich gibt.“

Der Norddeutsche sagt: "Da nicht für." Was soviel heißt wie: "Gern geschehen."

Und wer sich bei dem Wort Danke einen Zacken aus der Krone bricht, dem lege ich den wunderbaren Ausdruck ans Herz, der in Bayern gebraucht wird.
„Vergelt’s Gott.“

Denn alles was wir geben, wird zu uns zurückkehren.

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